„…Man muss seinem Gegenüber immer ein bisschen mehr geben, als dieser erwartet.“ Weise Worte eines erfahrenen Mannes. Wiestaw Kramski, Gründer der Kramski GmbH, ist gemeinsam mit Andrea Katz, der Gründerin des Marktforschungsinstituts Katz, beide im Schiller-Gymnasium Pforzheim zu Besuch. Im Rahmen des Projektes „Unternehmergespräche“, initiiert vom Steinbeis-Innovationszentrum Unternehmensentwicklung an der Hochschule Pforzheim, stellen sie sich den Fragen der Schülerinnen und Schülern zu den Themen Existenzgründung, Unternehmensführung und Vereinbarkeit von Familie und Karriere.
Im Gespräch mit der Tochter
Die „Unternehmergespräche“ erlebten mal wieder eine Premiere: Zum ersten Mal musste sich einer unserer Gäste nicht nur vor mehr oder weniger fremden Schülerinnen und Schülern präsentieren, sondern auch dem eigenen Nachwuchs – Frau Katz stand unter anderem ihrer eigenen Tochter „Rede und Antwort“. Das Ganze machte die Geschichte jedoch nur noch spannender: So kam beim Thema „Vereinbarkeit von Familie und Karriere“ die Meinung der Tochter unterstützend hinzu, die Mutter schaffe „den Spagat“ sehr gut.
Andrea Katz ist Diplom Betriebswirtin und genießt die freie, selbständige und unabhängige Arbeit sehr – ob in Projektteams, mit freien Mitarbeitern und Kooperationspartnern oder auch mal alleine. Dass Sie keine festen Mitarbeiter und damit hohe Fixkostenblöcke hat, empfindet sie als Erleichterung: „So kann ich es mir erlauben, in projektfreien Zeiten auch mal 4 Wochen abzuschließen – zumindest im Sommer, wenn die Kinder Ferien haben.“ Weiter beschreibt sie, wie abwechslungsreich und vielfältig die Arbeit in der Marktforschung ist – von der Psychologie, wenn es um Tiefeninterviews geht, über die Moderation von Gruppendiskussionen sowie Statistik bei großen quantitativen Befragungen und das für immer wieder unterschiedliche und neue Themen. „Um hier am Ball zu bleiben, bin ich im Berufsverband sehr aktiv und tausche mich regelmäßig mit den Kolleginnen und Kollegen aus. Das ist wichtig, denn in dieser Branche tut sich ja auch sehr viel“, beschreibt Andrea Katz ihr ehrenamtliches Engagement.
Warum sich Frau Katz selbständig gemacht hat, ist einfach zu beantworten: Nach der Geburt ihrer ältesten Tochter wollte Sie von zu Hause aus Arbeiten, um eben Familie und Arbeit in Einklang zu bringen. Auf die Frage, was denn die entscheidenden Eigenschaften einer Unternehmerin seien, antwortet Andrea Katz knapp aber eindeutig: Begeisterung, Kompetenz, die Fähigkeit zu Kommunizieren und zu Netzwerken sowie Durchhaltevermögen. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg!
Lotto spielen oder ein Banküberfall kam nicht in Frage
Seit ganzen 52 Jahren ist Wiestaw Kramski nun berufstätig – „aber immer noch mit derselben Frau verheiratet“. Er grinst. Sein trockener Humor kommt bei den Schülern und Schülerinnen an, sein Lebenswerk beeindruckt. Nach dem Besuch der Volksschule stand ursprünglich mal eine „einfache Lehre“ in seinen Planungen, doch bereits mit 17,5 Jahren, nach der Gesellenprüfung, packte den Jungen aus eher armen Verhältnissen der Ehrgeiz: Seine Kinder sollten es später einmal besser haben. „Lotto spielen oder ein Banküberfall kam nicht in Frage“ und auch die kurzzeitig angedachte „Schießbude auf der Kirmes“ konnte<s>n</s> ihn nicht begeistern – er wollte sich selbständig machen!
Nachdem er in einem Pforzheimer Betrieb einige Erfahrungen als Konstruktionschef – später auch im Verkauf von teuren Werkzeugmaschinen – gesammelt hatte, gründete Kramski 1978 schließlich seine eigene Firma. Die finanzielle Basis hierfür legte der Gründerwettbewerb „Machen Sie sich selbständig“ der Zeitschrift „Capital“, der vom Sparkassenverband finanziert wurde: Mit seinem Start-Up gewann er 30.000 DM, er fand einen Geschäftspartner und die Arbeit konnte beginnen. Heute, gut 36 Jahre später beschäftigt die Firma Kramski knapp 680 Mitarbeiter in ihren Werken in Deutschland, Indien, Sri Lanka und den USA – und bildet sie auch selbst aus (derzeit sind es 48 Auszubildende in Deutschland und in Sri Lanka). Außerdem, so erwähnt Wiestaw Kramski, wird die Technik des kostenlosen W-Lan-Netzes in Pforzheim von der Firma Skytron bereitgestellt. Die Familie Kramski ist Mehrheitsgesellschafter dieses Unternehmens und hat die Gründer über zehn Jahre darin unterstützt, diese Technik marktfähig zu machen.
Wie es bei all dem „Stress“ mit der Freizeit aussieht? „Ich arbeite fast 60 Stunden die Woche. Urlaub habe ich aber nicht nötig, da ich sowieso oft auf Reisen bin und eigentlich empfinde ich für mich persönlich Urlaub eher als Zeitverschwendung“, sagt der Mann, der seine Arbeit als Berufung sieht und sichtlich gut mit der Familie unter einen Hut bekommt. „Die ganze Familie ist involviert. Das hält uns noch mehr zusammen.“
Auch für die Zukunft der Schülerinnen und Schüler hat er noch einige wegweisende Tipps parat. „Man muss dauernd lernfähig sein,“ so will er die Jugendlichen motivieren. Und: „Mein Wort ist mehr wert, als meine Unterschrift!“ Er appelliert an ehrliche und fleißige Arbeit.
Zu guter Letzt gibt er noch Worte von sich, die man von Herren aus dem technischen Bereich vielleicht nicht unbedingt erwartet, weshalb sie die Schüler umso mehr beeindrucken: „Leute mit lauter 1ern brauche ich nicht! Ich würde jedem raten, zuerst eine Lehre zu machen, bevor es auf die Uni geht.“ Einige Schüler blicken fast erleichtert und lächeln. Wir auch.
Philipp Schetter