Als ich nach den Osterferien das erste Mal seit Wochen zurück an die Schule kam, war alles anders als sonst. Ein- und Ausgang waren voneinander getrennt. In der Aula standen Tische, weit voneinander entfernt: der neue Pausenbereich für Schüler. Pfeile am Boden, damit man nicht aufeinanderstößt. Ein Wiedersehen mit Abstand.
Die vergangenen zwei Monate waren für uns alle, die wir am Schulleben beteiligt sind, eine neue Erfahrung.
Für uns Lehrer stellte sich die Frage, wie wir von zu Hause aus unserem Bildungsauftrag nachkommen können; wir erprobten den Umgang mit verschiedenen Plattformen, bildeten uns gegenseitig fort und versuchten uns an neuen Unterrichtsformaten.
Währenddessen wurde in der Schule renoviert und an der Umsetzung hygienetechnischer Maßnahmen gearbeitet (wir berichteten). Die serverseitige Einrichtung der Software mit all den Problemen, die dabei auftreten konnten, haben nicht nur einen Kopf rauchen lassen.
Ihr als Schüler habt lernen müssen, zu Hause euren eigenen Unterrichtstag zu organisieren, musstet im Blick behalten, wann welche Aufgaben zu bearbeiten und abzugeben sind. Online-Konferenzen brachten zwar einen Hauch der Normalität zurück in den Alltag, doch so einer Konferenz zu Folgen ist für viele anstrengender als regulärer Unterricht – nicht nur für euch.
Sie als Eltern mussten sich mit der ganztäglichen Betreuung und Versorgung Ihrer Kinder auseinandersetzen, parallel zu all den anderen Aufgaben, die sie noch dazu für ihre Familie übernehmen – darauf wartend, wann endlich neue Informationen zur Öffnung der Schulen und Kitas bekannt werden.
Man darf sagen, es waren zwei schwierige Monate. Mit der Rückkehr der Kursstufen zum Unterricht im Schulhaus beginnt die lange Reise zurück in die Normalität – eine Normalität, die es laut aktuellen Plänen in diesem Schuljahr nicht mehr geben wird. Zwar wird in diesem Schuljahr jede Klassenstufe unter strengen hygienischen Regeln wieder am Präsenzunterricht teilnehmen, aber es wird keinen Tag geben, an dem alle Jahrgänge gemeinsam spielend, quatschend, lachend durch das Schulhaus schwirren. Es wird ein leises Schuljahr werden, mit Abständen und Einbahnstraßen. Aber langsam kommt all das Normale wieder: der Unterricht im Haus, das warme Essen – und die Prüfungen.
Nach der Schließung der Schulen Mitte März war es nur eine Frage der Zeit, bis die regulären Abiturtermine verschoben werden würden. Nächste Woche beginnen die Prüfungen nun, auch hier unter strengen Regeln zur Einhaltung der Hygienemaßnahmen. In diesen Wochen, in denen fast nichts ist wie gewohnt, könnten die Abiprüfungen ja geradezu als Insel der Normalität erscheinen: Schreibpapier, ein Stift, Tische mit Abständen, übliche Aufgaben, geschäftige Stille, mit strengem Blick nach unerlaubten Hilfsmitteln umherblickende Lehrer. Dinge, die zu jeder Klausur gehören und die wir schon eine Weile nicht mehr erleben durften. Doch wie normal ist diese Normalität, wenn man weiß, dass im Schulhaus nebenan nur eine Handvoll Schüler unterwegs sind? Dass angedeutet wurde, die Situation der Schüler in der Schwierigkeit der Aufgaben zu berücksichtigen? Der Abstand zwischen den Tischen dient in Prüfungen dazu, das Abschreiben zu verhindern. Alles ganz normal also. Wer aber wird bei diesen Abständen nicht immer auch an diese ein Meter fünfzig denken, von denen wir in den letzten Wochen so viel gehört haben?
Die letzten Wochen waren, die nächsten Wochen sind für uns alle eine Prüfung. Ruhe zu bewahren. Mit unseren Ängsten umzugehen. Für einander da zu sein, auch wenn es nur aus der Ferne ist.
Als ich nach den Osterferien das erste Mal seit Wochen zurück an die Schule kam, hingen vor dem Gebäude, wie jedes Jahr vor dem Abitur, all die selbstgemachten Plakate, mit denen Sie Ihre Kinder anfeuern und unterstützen bei dieser letzten großen Prüfung in ihrem Schulleben. Da musste ich lächeln. Es war fast so, als wäre nichts anders als sonst.
(Maximilian Weigl)